Wir Europäer können ja viele Länder ohne Visum besuchen. Für die Kolumbianer ist das schon einiges schwieriger. Nicht für Südamerika, aber um nach Europa zu kommen braucht es viel Geld und Geduld.
In Popayán gehen wir mit einem Studenten eine Crêpe essen und er erzählt uns von seinem Hürdenlauf, um ein EU-Visum zu bekommen. Er studiert französisch und englisch und möchte in Frankreich seine Sprachkenntnisse verbessern.
500$ ärmer (ist ein Vermögen!), eine Reise nach Bogotá, ein Haufen Papierkram und zehn Monate Wartezeit später, bekommt er eine Absage, alle Bemühungen waren für nichts. Das Geld ist natürlich auch verloren. Er hat sogar eine Familie gefunden, wo er als Au-Pair hätte helfen können. «Nicht alle Kolumbianer sind Banditen» meint er mit einem leicht säuerlichen Lächeln. Er wartet nun bis er mit dem Studium fertig ist und arbeitet, so sind die Chancen ein bisschen besser.
Da ist man ganz schön froh, wenn man nur ein bisschen Papierkram ausfüllen muss, warten, stempeln und dann einfach über die Grenze spazieren kann…
So früh waren wir noch nie an einer Grenze. Wir verlassen Popayán mit dem Nachtbus nach Ipiales, wo wir in aller Herrgottsfrühe ankommen und frieren. Es ist noch dunkel, wir warten bis es hell wird und fahren zum Grenzübergang. Alles verläuft reibungslos und schon sind wir im ersten ecudorianischen Städtchen namens Tulcán. Nichts grandioses, aber gerade gut für eine Nacht. Erstens sind wir völlig übermüdet von der nächtlichen Fahrt, es ist saukalt und die Höhe macht uns auch ein bisschen zu schaffen (wir sind auf 2900 Meter).
Tags darauf düsen wir nach Otavalo. Das Busfahren macht hier wieder Spass, Händler wohin das Auge schaut, Menschen die entweder Medizin oder Jesus verkaufen wollen. Man hält immer wieder an, um jemanden vom Strassenrand mitzunehmen. Herrlich ;-).
Die Umgebung ist fesselnd. Wir sind in den Anden! Immer wieder müssen wir uns in die Gedanken rufen: «Hei, wir sind nun endlich in Südamerika, in den Anden». Einfach super…
Die indigene Bevölkerung ist hier wieder stärker vertreten und es tut gut wieder etwas «vertrautes» zu entdecken und sich ein bisschen wie damals in Guatemala zu fühlen.
Otavalo entpuppt sich als nettes Städtchen mit allerhand Möglichkeiten und einer schönen Umgebung. Wir entschliessen uns ein Weilchen hier zu bleiben. Ein bisschen Ausspannen und sich gleichzeitig auf Ecuador einstellen.
Leider ist das Wetter nicht gerade auf unserer Seite. Täglich regnet es, meistens schon morgens, dazu kommt die Kälte. Aber wenn die Sonne einmal da ist, brennt sie herrlich auf uns herunter.
Wir geniessen das Nichtstun und wenn die Sonne mal durchbricht, eilen wir aus dem Zimmer und vergnügen uns in der Stadt oder in der Umgebung.
Der Besuch beim «El Lechero», im Prinzip ein Baum auf einem Hügel, ein heiliger Ort für die hiesige indigene Bevölkerung, ist nicht gerade so entzückend, wie wir uns vorgestellt haben. Wolken ziehen wieder auf, viele Bäume «versperren» die Sicht auf den See, viel Abfall liegt herum. Schade. Aber der Marsch tut gut.
Die Hauptattraktion von Otavalo ist der grosse Markt am Samstag. Täglich kann man zwar frisches, schönes Gemüse ergattern und auf einem Platz im Zentrum gibt es Tag für Tag einen Kunsthandwerkmarkt, aber der Samstag schlägt alles. Das ganze Herz der Stadt ist mit Ständen gefüllt und ausserhalb gibt es einen Viehmarkt.
Klar, ein grosser Teil ist den Touristen für Souvenirkauf gewidmet, aber man findet auch alltägliches. Plastikschüsseln in allen Grössen, Töpfe, Seifen, Kleider, Schuhe… alles was das Herz begehrt.
Man findet auch die schönen Stoffe, welche die hiesigen Frauen als Röcke tragen. Sie sehen sehr elegant aus in ihren Wickelröcken.
Ein dunkler, feiner Stoff wird über einem helleren, oder farbigen Stoff gewickelt, welcher auf der Seite herausschaut. Der Rock wird mit einem farbigen Gürtel zusammengehalten. Die farbig, bestickten Blusen sehen auch sehr schön aus. Obwohl es uns hier recht kalt dünkt, tragen sie nur eine Art Sandalen.
Wie immer sind die Frauen in Überzahl was traditionelle Kleidung angeht. Aber man findet auch Männer, welche weisse Hosen mit denselben Sandalen, auch in weiss tragen, dazu ein blauer Poncho. Vor allem tragen die Männer (oft auch die Jungen) ihre schwarzen Haare lang, unter einem Hut zu einem dicken Zopf geflochten.
Als erstes gehen wir zum Viehmarkt. Leider regnet es, was den Boden schleimig und schmierig macht. Gequietsche, Gemuhe und Gegrunze dringt in unsere Ohren, Kuhmist, Stallgeruch und Essensduft in unsere Nasen. Es ist wirklich lustig die Szenen zu beobachten. Leute versuchen eine grosse Sau auf einen Pick-up zu hieven, diese aber kreischt wie am Spiess, die Schafe blöken wenn man zu sehr an ihnen zerrt, Menschen diskutieren, ob diese Kuh nun ihren Vorstellungen entspricht.
Es macht einfach immer wieder Spass auf solchen Märkten auf Streifzug zu gehen und zu essen gibt es auch immer etwas Gutes.
Morgen geht es wieder weiter. Auf der Panamericana rollen wir der Hauptstadt Quito entgegen und werden so gleich noch den Äquator überschreiten. Aber auch von der Südhalbkugel aus werden wir berichten…
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