1154 Tage Kolumbien Südamerika

Überraschungen und diplomatische Krisen – oder wie man Vorurteile abbaut

>> Bogotá, Kolumbien
Mach es Dir doch eine Minute bequem, um ein paar Gedanken über Kolumbien zu machen… und?
Ziemlich sicher quietscht Du nicht gerade vor Vergnügen, und bist auch nicht wirklich eifersüchtig, nicht hier sein zu können. Die Nachrichten der letzten Tage haben wohl auch noch zum negativen Bild beigetragen, richtig?
Wir geben es ja zu: auch wir hatten Vorurteile. Unsere Vorstellung (vor allem von Bogotá) und die Informationen über Kolumbien waren nicht gerade die sonnigsten. Aber das ist ja das schöne am Reisen: man bekommt immer wieder die Chance, Vorurteile abzubauen.


Die zwei Zwischenstopps von Panama nach Bogotá in der kleinen Propeller-Maschine verlaufen problemlos. Nach dem ersten Halt haben wir schon kolumbianischen Boden unter den Füssen, können mühelos einreisen und unser Gepäck wird noch ganz genau untersucht. Dann endlich die Hauptstadt. Von oben sieht man wie immens diese Stadt ist. Acht Millionen Einwohner sind nicht wenig und die Häuser erstrecken sich in alle Himmelsrichtungen.

Wir erwarten eine riesige, graue, stressige, stinkende Drogenhölle. Das liegt vor allem auch daran, dass die zentralamerikanischen Städte bis anhin nicht unbedingt zu den Schönsten zählten, also erwarten wir in Südamerika auch nicht unbedingt etwas Wahnsinniges. Zur Sicherheit nehmen wir ein Taxi ins Zentrum, wir sind lieber ein bisschen vorsichtig.

Alle unsere Sensoren laufen auf Hochtouren. Tausend Dinge gehen uns durch den Kopf. Werden wir gleich überfallen? Wer will uns übers Ohr hauen?
Aber am Taxistand kann man offiziell den Tarif für die gewünschte Strecke einholen, so gibt es keine Diskussionen und falsche Spiele. Wir sind überrascht und staunen. Der Taxifahrer ist ein sehr sympathischer Mann und erzählt uns während der Stadtrundfahrt allerlei Dinge über die Stadt und beruhigt unsere Bedenken.

Im historischen Zentrum werden wir wieder positiv überrascht: unser Hostel ist in einem wunderschönen Altbau, mit vielen Fenstern und schönem Blick auf die ruhige Strasse.
Da uns der Hunger wieder auf die Strasse zurückzieht, gehen wir durch die charmanten Gassen der «Candelaria». Wir sind völlig entzückt: diese farbigen, alten, kolonialen Häuser strahlen alle etwas sehr gemütliches aus. Nie hätten wir gedacht, dass wir so ein schönes Quartier in dieser grossen Stadt vorfinden würden.

... herumzuschlendern.

Dieser alte Stadtteil ist sehr animiert, Studenten spazieren durch die Strassen, Restaurants, Cafés und Lädeli sind hübsch in die alten Häuser integriert. Wieder eine positive Überraschung. Wir fühlen uns nun total sicher und rundum wohl und möchten nur noch eins: all diese bezaubernden Strassen auskundschaften.

Während wir uns einen Snack gönnen, lernen wir auch die offene und hilfsbereite Art der Kolumbianer kennen. Sie plaudern, möchten alles wissen und geben liebend gerne Auskunft.
Nun sind wir tatsächlich da: Kolumbien! Wir können es kaum fassen und gönnen uns zur Feier des Tages ein «Alguila» und fallen danach völlig glücklich ins Bett.

Am Montagmorgen treffen wir uns mit Mauricio, den wir vom Hospitalityclub kennen. Sein Zuhause wird unser Unterschlupf für die nächsten Tage. Er zeigt uns am Nachmittag die Bibliothek, wo wir gratis ins Internet können und spazieren im grossen Park. Er ist völlig unkompliziert und schon bald sind wir im Besitz eines Hausschlüssels und können wie zu Hause ein- und ausgehen.
Bogotá ist zu unserer Überraschung eine sehr grüne Stadt. Es gibt viele Grünanlagen, wo man dem Stadtleben entfliehen kann. Sowieso kommt uns diese doch sehr grosse Stadt viel entspannter vor, als Panama. Dort fanden wir kaum Verschnaufpausen, was man hier aber ohne Probleme vorfindet.

Auch wunderbare Orte zum Verweilen sind die vielen Cafés, wo man köstlichen, kolumbianischen Kaffee kosten kann. Der «Tinto» (schwarz) oder «Períco» (mit Milch) wird zu jeder Tageszeit genossen. Kommt dazu, dass nicht nur der Kaffee ausgezeichnet ist, auch die Patisserie ist ein wahrer Traum.

Bogotá hat enorm viel zu bieten, wir könnten hier wochenlang bleiben und uns dem Stadtleben hingeben. Anfänglich müssen wir es aber langsam angehen, ist die Hauptstadt Kolumbiens, die dritthöchste Stadt Südamerikas und da wir von quasi 0 Meter auf 2600 Meter über Meer fliegen, sind wir zu Beginn ein bisschen kurzatmig. Aber nach ein paar Tagen hat sich der Körper gut auf die Höhe eingestellt. Die kühleren Temperaturen sind dafür noch etwas gewöhnungsbedürftig.

Bogotá einmal anders:

Wir besuchen einige Museen, die zum Teil sogar gratis sind und lernen so ein paar kolumbianische Künstler kennen. Der bekannteste unter ihnen: Fernando Botero.

Zwischen Museumsbesuchen, botanischem Garten (wohl einer der schönsten), Kaffeetrinken und sonstigen Stadtauskundschaftungen informieren wir uns intensiv über die diplomatische Krise zwischen Kolumbien und Ecuador.
Die Kolumbianer haben knapp zwei Kilometer von der kolumbianischen Grenze den zweitwichtigsten Mann der FARC getötet. Das Problem ist, dass dies eben auf ecuadorianischem Gebiet stattgefunden hat und dies zu der Krise geführt hat.
Der venezolanische Präsident Hugo Chavez hat sich unter anderem auch noch eingemischt und das Dilemma ist dadurch nicht kleiner geworden.

Mauricio erzählt uns viel über die politische Situation Kolumbiens und er weiss auch über die Ängste der Touristen bescheid.
Sicher gab es viele Probleme vor einigen Jahren, aber die ganze politische Situation hat sich in den letzen Jahren stark verbessert.
Eins ist sicher: die Medien sind nicht unschuldig, dass Kolumbien sein schlechtes Image nicht loswird. Die Kolumbianer sind ein friedliebendes Volk und wahrscheinlich 99% der Leute missbilligen die Taten der FARC.
Die Situation ist in den letzen Tagen angespannt, kaum eine Neuigkeit wird im Fernsehen ausgelassen, egal wo man ist, der Fernseher wird laut gestellt und alle widmen sich der Nachrichtensendung. Aber trotzdem fühlt man sich in der Stadt sicher und das Leben geht weiter.

Wir haben nur vage die Nachrichten in Europa verfolgt, aber die Informationen zur Demo am Donnerstag waren auf alle Fälle falsch: es war nur eine friedliche Kundgebung gegen Gewalt und nichts politisches, nur Unterstützung der Entführten und deren Familien.
Im Februar dieses Jahres gab es einen grossen Protestmarsch gegen die FARC, wo über zwei Millionen Menschen teilgenommen haben. Das war eine ziemlich bewegende Angelegenheit.

Am Freitag, während die Präsidenten der verschiedenen Länder Amerikas zusammenkommen, verlassen die Kolumbianer kaum die Fernseher. Wir sind gerade in einem Einkaufszentrum, wo man ganze Horden an Menschen vor den Flimmerkisten versammelt sieht, da die «XX Cumbre De Rio» life übertragen wird. Und als schlussendlich die Präsidenten Kolumbiens, Ecuadors, Nicaraguas und Venezuelas sich umarmen und alles ein gutes Ende nimmt, klatschen und johlen die Leute vor Freude.
Alle sind froh, dass die diplomatische Krise so schnell und recht reibungslos über die Bühne gegangen ist. Schliesslich ist niemand an einem Krieg interessiert…

Wir sind auch sehr erleichtert über den Ausgang dieses politischen Durcheinanders und können weiterhin das Leben in Bogotá geniessen.

Das Kreuz im Hintergrund ist riesig!

Eine andere Attraktion ist die Salzkathedrale in Zipaquirá, gut eine Stunde ausserhalb der Stadt. Die Kathedrale wurde unterirdisch in der Salzmine ausgegraben. Das Städchen selber ist auch wieder eine Augenweide und wie auch in Bogotá hat es viele rote Backsteinhäuser.

Wir haben unsere anfänglichen Zweifel und Ängste (und Vorurteile) Mauricio erzählt, was uns inzwischen fast ein bisschen Leid tut. In der Zwischenzeit möchten wir allen mitteilen, wie schön und freundlich Bogotá ist und wie herzlich die Einwohnern sind.
Mauricio versteht die ganze Situation. «Ich weiss was die Welt über unser Land denkt, aber ich bin froh Euch die andere, wirkliche Seite zeigen zu können» meint er. Er hat seine Stadt sicherlich von einer wunderschönen Seite gezeigt und uns damit völlig verzaubert.
Wir sind auf alle Fälle völlig begeistert von der Hauptstadt. 😉

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1 Comment

  • Reply
    Anonymous
    10. März 2008 at 7:46

    Ja meine Lieben, ich muss es Euch auch noch mals schreiben, Eure Bilder ein wahrer Traum.
    Wenn mir die arbeit über den Kopf wächst vor lauter Häuser verkaufen, Besichtigungen, Termine mit Notaren abmachen, ich nicht weis was ich zuerst tun soll, dann gehe ich auf Eure Seite und geniesse die Farben der Bilder. Mit Diashow. Für mich ist es wie eine Farbentherapie.Ich lehne im Stuhl zurück
    Ich kann damit meine Energie wieder aufladen und bin in 10 bis 20 Minuten wieder fit. Und dann kann der Hausverkauf wieder wieter gehen.Ich Danke Euch beiden ganz fest und Umarme Euch dafür noch extra, vom…………….MAMI

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