>> Nasca, Peru
Die gemütlichen Tage in Huancavelica sind sehr erholsam. Die Nächte im auf 3600 Meter über dem Meeresspiegel liegenden netten Städtchen sind aber eiskalt.
Natürlich auch um vier Uhr morgens, als wir uns auf den Weg zum Bus machen, um weiter zu fahren. Es ist ja nicht so, dass wir sommerlich angezogen wären, im Gegenteil. Aber wenn man all die Peruaner mit mehreren Wolldecken unter dem Arm in den Bus steigen sieht, macht man sich doch ein bisschen Sorgen…
Der Bus füllt sich schnell. Es ist nicht nur kalt, es ist schweinekalt. Kaum aus der Stadt fahren wir immer höher hinauf, alle Scheiben im Bus sind innen total vereist! Man wünscht sich nur eins: Sonnenaufgang!
Bei Pucapampa (4500 Meter) fahren wir über den höchsten, bewohnbaren Altiplano. Es gibt Schneeflächen und die kleineren Wasserlachen sind zugefroren.
Wir fahren bei den Lagunen vorbei, welche wir eigentlich besuchen wollen. Aber in Santa Inés disponieren wir spontan um: weiterfahren!
Santa Inés ist ein Minikaff und uns ist es zu kalt. Wir wechseln nur den Bus. Brrrrrr!
Die Gegend ist dafür wunderschön. Überall Alpacas, die in Herden grasen. Die Tiere haben als Markierung «Ohrringe» in grellem Pink, Rot und Blau als Pompon am Ohr. Es sieht niedlich aus. In Rumichaca, müssen wir auf einen Bus warten, um nach Ayacucho zu kommen.
Es ist eigentlich nur eine Strasse mit ein paar Strassenständen, wo wir uns ein Frühstück suchen. Sieht so aus als gebe es nur «Caldo» (Fleischbrühe). Es ist immer noch sehr früh und die Suppe hat alles Mögliche und Unmögliche drin und wurde bestimmt aus einem sehr, sehr alten Schaf gekocht. Aber wenn man hungrig ist…
Die Strecke ist abwechslungsreich, wir kommen an vielen kleinen Dörfern vorbei, wo sich immer wieder jemand in den Minibus reinquetscht. Es ist immer wieder verwunderlich wie viele Personen in so ein Büssli reinpassen…
Eine Einheimische steht am Strassenrand, winkt. Sie will mit ihrem grossen Kübel Innereien auch noch mitgenommen werden. Es stinkt grauselig nach rohem Fleisch. Der relativ unsaubere Kessel ist randvoll mit Nieren, Herz, Leber und sonstigen Innereien von irgendeinem Lebewesen. Ihr Sitznachbar ist fasziniert, berührt ständig die schwabbelnde Masse mit seinen schmutzigen Fingern, sie diskutieren über den Preis. Die oberste Schicht der Eingeweide ist schon etwas eingetrocknet. Das wird wohl alles irgendwo in einer Suppe landen… 😉
Ayacucho ist eine recht grosse Stadt, wo wir nur zwei Tage bleiben. Dafür kosten wir hier endlich eine Spezialität: Cuy – Meerschweinchen. 😉
Man kann die Tierchen auch auf dem Markt kaufen, wo sie wie Hühner auf einem Haufen gehalten werden. In Ecuador haben wir recht grosse Cuys gesehen, hier sind sie wirklich genau so wie man sie kennt: klein, niedlich mit den typischen, gefleckten Brauntönen. Alle, die nun so ein Tier zu Hause haben, sollen einfach mal nicht weiter lesen. 😉
Wirklich Hunger darf man nicht haben, denn an einem Cuy gibt es nicht viel zu essen. Das leckerste ist die knusprige Haut. Das Fleisch ist dem Huhn ähnlich, aber mit weniger Geschmack. Und das Mühsame sind die vielen, kleinen Knöchelchen. Es ist beinahe die gleiche Fummelei wie bei einem Fisch. Zu viel Arbeit für wenig Fleisch…
Wie ihr vielleicht gemerkt habt, haben wir Lima grossräumig umfahren. Wir haben uns lange überlegt, ob wir nun der Hauptstadt doch noch einen Besuch abstatten sollen oder nicht. Die Altstadt ist sicherlich sehr schön, aber wir hatten einfach keine Lust auf dieses ewige Gehupe, Autos und den typischen Latino-Grossstadtrummel.
Unser nächster Stopp soll Pisco werden. Denken wir. Wir suchen eine Möglichkeit tagsüber zu fahren, denn die meisten Busse fahren nur Nachts. Was aber für die Landschaft sehr schade gewesen wäre. Überall Berge in skurrilsten Formationen, Wiesen, Moos, Flüsse und Alpacas mit dem hübschen Ohrschmuck. Richtig Klischeehaft.
In Pisco, der gleichnamigen Stadt wie das alkoholische Nationalgetränk, sieht es katastrophal aus: überall Haustrümmer, aufgerissene Strassen, umgekippte Mauern – was ist da los?
Da kommt uns wieder in den Sinn, dass hier im August 2007 ein starkes Erdbeben gewütet hat. Wir dachten es sei bei Ica gewesen und konnten uns nicht im Geringsten vorstellen, dass noch nach fast einem Jahr der Ort so schlimm aussehen würde. Die Leute leben zum Teil immer noch in Zelten…
Wir fühlen uns total fehl am Platz, sind aufgewühlt. Man kann an so einem Ort doch nicht bleiben. So fahren wir gleich weiter nach Ica.
Nicht weit von Ica, in Huacachina, gibt es eine Oase. Wir stellen uns den Ort zwar etwas anders vor und bleiben somit nur für ein paar Stunden hier. Es ist eine kleine Oase inmitten von Sanddünen. Fehlen nur noch die Kamele 😉
Nach dem kurzen Besuch der Oase fahren wir nach Nasca. Kommen aber nicht sehr weit. Die Strecke auf der Panamericana ist sehr unspektakulär. Links und rechts Wüste, alles grau in grau, sehr langweilig.
Kurz vor Nasca, hält der Bus. Der Motor will nicht mehr, dunkel raucht es hinten aus dem Motor raus. Das könnte länger gehen.
Wir sind nicht mehr weit vom gleichnamigen Städtchen entfernt und sind gerade inmitten der berühmten Nascalinien steckengeblieben. Der Motor kann nicht richtig geflickt werden, so rollen wir mit 3 km/h in die Stadt hinein. Es dauert Ewigkeiten…
Im Städtchen selber erleben wir einen kleinen Kulturschock. Es ist nicht sehr gross, aber für den Touristen «perfekt» hergerichtet. An jeder Ecke werden wir auf Englisch angequatscht, jeder will uns in sein Hotel mitnehmen – es ist zum verrückt werden.
Jedes Haus ist entweder ein Touroperator, Souvenirshop, Restaurant oder ein Hotel. Man fühlt sich einfach nicht wirklich in Peru. An solchen Orten fühlen wir uns immer sehr «leer», transparent, beinahe inexistent. Kaum ein Einheimischer spricht einem an, man ist hier wirklich «nur noch ein Tourist» – einer unter tausenden.
Warum ist Nasca so touristisch? Wegen den nahe gelegenen Nascalinien, welchen sich die Deutsche Maria Reiche quasi ihr ganzes Leben lang hingegeben hat. Es sind riesige Sandzeichungen und -linien über das ganze Gebiet verstreut, welche am Besten aus der Höhe gesehen werden können.
Es gibt etwa so viele Theorien über das Warum der Linien und Zeichnungen, wie Wissenschaftler daran gearbeitet haben. Die ganze Fläche in der Wüste Nascas, wo man die Abbildungen sehen kann, machen die Zeichnungen selber nur 5% aus, der Rest sind schnurgerade Linien, kilometerlang.
Jetzt gibt es verworrenste Denkansätze bis hin zu logischen und schönen Annahmen über das Warum und Wieso. Es gibt Leute denen schon die Entstehung Kopfzerbrechen macht. Aber wenn man mal selber in der Wüste steht, ist es ganz einfach. Die Oberfläche der Wüste sind Steine, die nächste Lage ist eine grosse Schicht Staub und Sand. Wenn man die Steine wegscharrt, kann man ohne Probleme tiefe Linien in den Boden ritzen. (Wie es die Nascas zu ihrer Zeit auch getan haben). Und da es hier um einen der heissesten Orte des Landes geht (es regnet nur einige Zentimeter pro Jahr), bildet die Hitze eine Art Kissen über der Erdoberfläche – es herrscht quasi Windstille – was die gute Konservierung der Abbildungen erklärt. Wenn man in der Nasca-Wüste einen Fussabdruck hinterlässt, ist es gut möglich, dass man diesen auch noch hundert Jahre später sieht…
Und sich wirklich um das WIE der Linien und Zeichungen zu fragen wäre beinahe respektlos der Nascakultur gegebüber. Mit Stäben und Schnüren, mit denen man die Flächen abgesteckt hat, kann man auch heute gut nachvollziehen, wie einfach es im Prinzip ist, Zeichnungen in den Sand zu schürfen.
Zum Vergleich: zur gleichen Zeit wie die Nascakultur haben die Ägypter riesige Pyramiden gebaut und die Römer waren auch schon sehr erfolgreich…
Über das WARUM könnte man längere Theorien schreiben. Landebahnen für Ausserirdische? (Danke Herr von Däniken) Wasserkanäle? Astronomischer Kalender? Gottesgeschenk? Die Liste ist lang.
Wahrscheinlich haben alle Wissenschaftler ein bisschen Recht. (Und wir sind alle einverstanden, dass von Däniken kein Wissenschaftler ist)…
Uns gefällt die eine Theorie ganz gut: Nasca liegt in einem seismisch sehr aktiven Gebiet, genau auf der Nasca-Platte. Die Linien, die man am besten sieht, liegen genau auf der Kante der Nasca-Platte, die regelmässig Erdbeben auslöst. Nun weiss man heute, dass man Erdbeben eine gewisse Zeit vorher «vorhersehen» kann, indem man die sehr tiefen Frequenzen der Erde ein paar Monate vor einem Erdbeben «abhört».
Diese Theorie besagt nun, dass die Linien in der Wüste als Kupferleitungen gedient hätten, um die Erde abzuhorchen. (Man weiss, dass die Nascas gut in der Bearbeitung von Gold und Kupfer waren, dazu kommt, dass hier noch einige der grössten Kupferminen liegen).
Die ältesten Linien, seien nur «Tests» gewesen, weil diese eben zum Beispiel mit ihnen bekannten Sternbilder übereinstimmen (mit irgendwas etwas bekanntem muss man ja anfangen). Dies würde auch die Menge an Linien erklären und auch, warum sich diese nie kreuzen.
Warum uns diese Theorie so gut gefällt? Erstens hört sie sich logisch an, zweitens bindet sie Theorien mehrere Leute ein und drittens sind wir in Nasca wieder einmal Zeuge eines Erdbebens. Um vier Uhr morgens rattert zuerst nur die Türe, danach bewegt sich das ganze Bett. Wie wenn man auf einem Pudding sitzen würde. Dann ist es wieder vorbei.
Und warum dann auch noch Zeichnungen wie Kolibri, Affe, Hand und so weiter?
Jede Zeichung entspricht wieder einem Gott der Nasca-Kosmologie (sie haben die Berge vergöttert) und der bekannte «Astronaut» mit den grossen Augen, findet man auf vielen ihrer Tongefässen wieder. Es war einfach eine Art Menschen zu zeichnen.
Man könnte Seitenweise darüber schreiben. Ich will aber weder jemanden von irgendwelchen Theorien überzeugen, noch den ganzen Blog damit füllen. Einfach eine kurze Info, für diejenigen, die bei Nascalinien bis jetzt nur Bahnhof verstanden haben.
Meine persönliche Theorie gefällt mir eh am Besten: Wenn damals jemand etwas angestellt hat, war die Bestrafung die Wüste zu putzen. Und weil mit der Zeit gerade Linien doch sehr langweilig sind, haben sie angefangen Zeichnungen zu graben. 😉
Es ist faszinierend, wie der Mensch doch immer wieder unglaubliche Theorien sucht und aufstellt, wo doch die Erklärung vielleicht völlig simpel ist. Aber Ausserirdische sind halt zeilenfüllender, als Schnüre und Stäbe… 😉
Geflogen sind wir nicht über die Linien. Erstens ist Juli und alles auf Wochen hinaus ausgebucht und wir befanden es nicht als nötig, denn auf dem Aussichtspunkt kann man sich auch eine Idee machen, wie es vom Himmel aus aussieht. Und wir hörten von anderen, dass anscheinend der BBC-Film spannender sei, als darüberfliegen…
Von der Aussichtsplattform, welche Maria Reiche beigesteuert hat, kann man den Baum, die Hand und eigentlich die Eidechse sehen. Wenn diese noch hier wäre. Zuerst haben sie das Reptil mit der Panamericana halbiert und den Rest mit Ausflügen per Auto zerstört. Schön wie gut man auf das UNESCO Weltkulturerbe aufpasst…
Einen guten Überblick über viele Linien hat man vom Hügel aus. Wenn man da so sitzt und in die Ferne schaut könnte beinahe eine mystische Stimmung aufkommen, wenn man mal von den vorbeidonnernden Lastwagen auf der Panamericana absieht und die brummenden Flugzeuge über unseren Köpfen vergisst…
So schnell wie wir eigentlich wollen kommen wir von Nasca nicht weg. Es gibt noch zwei Tage Streik, aber danach machen wir uns langsam auf den Weg Richtung Cusco. Da wir in Nasca schon einen Vorgeschmack auf den Touristenansturm bekommen haben, ahnen wir was uns in Cusco erwarten wird.
Also nehmen wir uns ein bisschen Zeit und tanken Energie in den kleinen Dörfchen vorher, welche aber nicht so lohnenswert sind.
Seit wir Lima geographisch überschritten haben gefällt uns Peru nicht mehr so gut. Nord- und Zentralperu sind eher nach unserem Geschmack. Das Bild, welches man von Peru hat stimmt da einfach besser überein. Kommt dazu, dass die Menschen im Norden viel ehrlicher sind als hier.
Die «Highlights» im Süden sind auf dem sogenannten «Gringotrail» welcher Lima–Nasca–Arequipa–Cusco–Puno einschliesst. Wir sind zwar aus der üblichen Route ein bisschen raus, aber da ist es nicht allzu spannend. Alles Sehenswerte konzentriert sich um die oben genannten Punkte und ist «für den Tourismus gemacht» und total überlaufen.
Ich sehe nichts Glaubwürdiges an dem Ganzen, wenn ich in der Stadt eine Einheimische mit ihrem Lama gegen Geld fotografieren kann. Aber dies ist eine persönliche Ansicht. Wir fühlen uns nicht wohl, als wandelnder Geldbeutel, wo man nur den Dollar in einem sieht und sonst nichts. Aber wir sind ja noch nicht fertig und werden hoffentlich noch ein paar Schöne Flecken finden. Bis bald wieder.
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