Auf Reisen kommt ja eigentlich meistens alles anders als geplant. Das ist nun auch diesmal wieder der Fall. Von Cuenca fahren wir nach Loja. Die Strasse ist schlecht, wenn überhaupt geteert, mit Kraterlöchern, man könnte eine Runde drin schwimmen, so gross sind die. Ich möchte nicht über die Strasse herziehen – wir sind uns schlechteres gewöhnt – wir dachten nur zuerst es sei die Panamericana. Aber die führt an der Küste vorbei.Die Fahrt von Cuenca nach Loja ist lange. Überall Nebel, also kann man zum Zeitvertreib nicht mal aus dem Fenster gucken. Zum Glück kaufen wir vor der Abfahrt von einem der vielen fliegenden Händlern einen Sack Mandarinen. Da kann man sich mit Haut abpellen vergnügen. Wer hat die nackteste Mandariiiine ;-).
Heute ist 1. Mai, viele Leute sind unterwegs, der Bus ist voll. Einige müssen sogar stehen. Irgendwann schreit jemand: «Der Kofferraum ist offen!» Alles wird hektisch. Wieviele Gepäckstücke liegen schon auf der Strasse?
Zum Glück keine, das sei «normal» meint der Chauffeur, es sei nicht der Kofferraum, es sei die Seite mit dem Motor.Eine Stunde vor Loja kracht es unter dem Bus, dann Stillstand. Der Busfahrer steigt aus, und hantiert etwas am Motor herum. Er wird immer schmutziger, das wird wohl länger dauern. Zu unserem Glück stehen wir genau vor einer Minitienda still und verhungern so nicht. Auch zum Glück der Verkäuferin, sie macht heute wahrscheinlich ihr Wochengeschäft.
Wir hoffen, dass wir mit dem gleichen Bus weiterfahren können. Ein paar Ungeduldige nehmen einen vorbeikommenden Bus, oder machen Autostopp.
Nach mehreren Startversuchen und einem nun schwarzen Chauffeur geht es weiter. Ich finde es beeindruckend. Die Busfahrer können immer gleich noch den Bus flicken, können die das bei uns auch?
In Loja bleiben wir nicht lange, die Stadt passt uns nicht so. Unser Ziel ist Vilcabamba, ein kleines Dörfchen inmitten grüner, samtener, wie von Moos bedeckten Bergen. Es heisst es sei das Tal des langen Lebens. Dem wollen wir doch mal nachgehen.
Es regnet hier nur an unserem Ankunftstag, danach werden wir endlich mit Sonnenstrahlen verwöhnt. Das Klima hier ist rheumafreundlich und frühlingshaft, die ganze Atmosphäre sehr gut. Der Hauptplatz mit der Kirche ist umringt von kleinen Tiendas, wo man von hier stammende Produkte kaufen kann. Am Wochenende sitzt man auf dem Platz, trinkt Bier und geniesst vielleicht ein Spiesschen vom Freiluftgrill und wird dabei von den hungrigen Hunden eifersüchtig beobachtet. Es gibt viele Touristen, die hier hängen geblieben sind. Vielleicht auch «ungewollt»? Da soll der halluzinogene Kaktus «San Pedro» daran schuld sein… Aber auch solche die sich bewusst mehrere Monate hier niederlassen.
Wir wollten hier eigentlich nur das Wochenende verbringen, um dann endlich nach Peru zu fahren. Aber es kommt alles anders. (Nein, der Kaktus ist nicht daran schuld…)
Mich quälen schon seit ein paar Tagen Schmerzen in der linken Schulter. Die werden immer schlimmer, so dass ich zum Doktor ins Spital muss.
Doktorbesuche sind ja immer etwas Spannendes ;-). Da der Röntgenspezialist nicht da ist, muss das halt warten. Er meint die Sehne in der Schulter könnte entzündet sein. Verschreibt mir etwas, was ich dann zuerst in der Apotheke holen muss.
Mit dabei sind eine Spritze und zwei komische Fläschchen. Ich ahne schon was kommt… Hier muss man das Material zuerst einkaufen, danach werden einem die Mittelchen verabreicht.
Die beiden rosa Fläschchen werden gemischt und mir in meinen Allerwertesten gespritzt. Aua!
Aber das Schmerzmittel wirkt, ich schlafe wunderbar, man hätte auch einen Elefanten mit der Menge einschläfern können 😉
Am zweiten Tag kann ich röntgen gehen, dafür ist dann aber mein Doktor nicht mehr da, um sich das Bild anzuschauen. Komm ich halt am dritten Tag nochmals. Da bestätigt sich dann sein Verdacht: Tendinitis – Sehnen-/Schulterentzündung. Ist ja wunderbar. Heisst nicht bewegen, keinen Rucksack tragen. Ich hol mir dann auch gleich noch ne kräftige Grippe. Warum auch nicht das ganze Programm, nicht wahr?
JC meint dann auch noch mit ein paar Problemen kommen zu müssen: er bekommt starke Zahnschmerzen. Die Zahnärztin im Dorf schickt ihn aber gleich nach Loja, weil sie ihm nicht helfen kann.
Nach einem Röntgenbild ist aber auch dieser Zahnarzt ein bisschen verwirrt: sein Zahn sollte ihm gar keine Schmerzen mehr bereiten, er hat keine Wurzeln mehr! Heisst: bohren und nachschauen…
Jetzt war er vor Jahren bei einem schweizer Zahnarzt, der leider etwas gepfuscht hat. Er hat anstelle aller drei Kanäle, nur zwei wirklich gut gereinigt. Und dieser Kanal hat nun vor sich her gemodert. Der arme JC musste geschlagene zwei Stunden auf dem Stuhl sitzen, bis alles wieder sauber war.
JC muss dann noch ein paar Mal zur Kontrolle vorbei gehen und heute (nach nochmals einer über zweistündigen Sitzung) wurde der Zahn definitiv geschlossen. Dies geschieht hier aber nicht vom gleichen Zahnarzt. Es kommt extra eine Spezialistin aus Guayaquil. Und sie kommt nur einmal im Monat… da können wir von Glück reden, dass wir «nur» eine Woche warten müssen. Und netterweise kommen wir gleich als erste auf die Liste, dass wir unsere Reise auch bald wieder fortsetzen können.
Ende gut, alles Gut sozusagen.
Wir erholen uns von diesen körperlichen Strapazen ganz ordentlich. Wir sind in einem gemütlichen Hotel mit Kochgelegenheit, das Ambiente ist sehr familiär und das Wetter kitzelt auch das Gemüt.
Ich denke, wir wissen nun auch, warum die Leute hier bis 130 Jahre alt werden: sie haben einfach leckere, hausgemachte Produkte, die gesund sind. Wir essen köstliches Brot, süssester Honig vom hiesigen Nationalpark, hausgemachtes Joghurt mit feinen Früchten. Es ist herrlich. Und wir erholen uns vom Reis mit einer Pasta-Kur. 😉
Mit all den Medikamenten und Doktorbesuchen haben wir noch was gelernt, wo die Schweizer sich vielleicht eine Tranche abschneiden könnten, um die Gesundheitskosten zu senken.
Wenn man hier mit Rezept Medikamente in der Apotheke abholt, erhält man auch wirklich nur soviel Pillen, wie man verschrieben bekommen hat. Was heisst, die Pillenpackung wird zurechtgeschnitten. Diese Idee ist gar nicht so übel finden wir, anstelle immer einer ganzen Schachtel kaufen zu müssen! Aber daran werden wohl die Pharmakonzerne keine Freude haben…
So, nun – komme was wolle – am Donnerstag fahren wir Richtung Grenze, nach Zumba. Das Gute an der Warterei ist vielleicht, dass nun die Strasse nach Peru sicher trocken ist.
Dieser Grenzübergang, der drei Möglichkeiten die man hat, um nach Peru zu kommen, ist der «schwierigere» von allen dreien. Wenn es richtig geregnet hat, kann es gut sein, dass die Strassen unpassierbar sind. Aber nun sind wir zuversichtlich… auf geht’s nach Peru mit neuen Kräften!
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