Wir wünschen uns sehr, dass es nicht mehr regnen wird und stehen am nächsten Tag in aller Frühe am Hafen und das Warten geht wieder von vorne los.
Unsere Vierergruppe hat sich um unsere zwei Schweizerfreunde erweitert und so können wir wenigstens gemeinsam die Zeit totschlagen.
Der Kapitän ist recht knauserig mit Informationen, also bleibt uns nichts anderes übrig als abwarten, sich nicht von der Stelle zu rühren und in Geduld fassen.
Gerüchte verbreiten sich, dass wir erst am Montag abfahren werden, dass gar kein Sturm auf See ist, sondern es sich um politische Probleme in Managua handelt. Der Kapitän ist auch genervt, weil die Verantwortlichen in Managua sich nicht mehr bei ihm melden.
So geht auch der zweite Wartetag vorüber und der «Bluefields Express» liegt immer noch im Hafen. Die Warterei wird langweilig und wir sind ein bisschen nervös. Normalerweise haben wir genügend Zeit und keine Termine. Aber ausnahmsweise müssten wir am 5. Januar in Costa Rica sein und genau dann klappt einfach gar nichts. Así es la vida…
Am dritten Tag glauben wir alle schon nicht mehr daran irgendwann Festland unter unseren Füssen zu spüren, aber gegen neun Uhr kommt Bewegung ins Spiel. Schwimmwesten werden verteilt und tatsächlich kommt der Motor zum Laufen, wir jauchzen vor Freude.
Die Rückfahrt verläuft auch sehr viel angenehmer, als die Herfahrt. Das Wetter ist herrlich, weniger Passagiere, wir schaukeln nur ein bisschen und werden von den Wellen nach Bluefields getragen.
Am Bug stehend mit den letzten karibischen Sonnenstrahlen auf der Haut, die Haare im Wind, surfen wir regelrecht auf den schimmernden Wellen Richtung Festland. Das Meer zeigt sich in wunderschönen Farben: blau in allen Tönen, türkis, grünblau, grün bis zum milchkaffeebraun in Bluefields.
Unsere «Horrorgeschichten» der ersten Fahrt, die wir allen erzählt haben, glauben uns bei dieser gemütlichen Rückfahrt sowieso keiner mehr… 😉
Wir alle sind unglaublich erleichtert, endlich in Bluefields anzukommen und fahren von dort per Schnellboot direkt nach Rama. Wir geniessen alle zusammen das wohlverdiente, kühle Bier mit einem «Frito» (gegrilltes Fleisch mit Weisskohlsalat und frittierten Platanoschips).
Im Nachtbus fahren wir ausgelaugt nach Managua, wo sich unsere Wege wieder trennen.
Wir sind es eigentlich leid unser Hinterteil noch länger auf irgendwelche Sitze zu platzieren, beabsichtigen aber so schnell wie möglich nach Costa Rica kommen und versuchen einen internationalen Bus nach San José zu erreichen.
So wollen es die Umstände, dass wir seit fünf Uhr morgens wieder einmal in einem Warteraum ausharren. Ohne richtigen Schlaf und Dusche sehen wir dementsprechend fit aus.
Endlich. Um neun Uhr in der Früh sitzen wir völlig erschöpft auf unserem Sitzplatz und fahren der costa-ricanischen Grenze entgegen. Zwei Monate verbrachten wir in Nicaragua, Erlebnisse ziehen durch unsere Gedanken, wir nehmen Abschied. Das tolle Land mit abwechslungsreicher Natur und herzlichen «Nicas» und den immer wieder überraschenden Momenten kommt gleich nach unserem Favoriten Guatemala auf unserer Lieblingsländerliste.
Es ist nicht einfach diesem vielseitigen Land lebewohl zu sagen, aber vielleicht kommen wir ja wieder einmal. Und jeder Abschied ist anderswo ein Neuanfang…
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